PankOWER FRAUEN
Inspiriert von der AG Spurensuche des Pankower Frauenbeirates begann ich 2019 mein fotografisches Langzeitprojekt PankOWER FRAUEN.
Mit Portraitserien gebe ich den Frauen in Berlin-Pankow ein Gesicht, welche sich gegenwärtig beharrlich für die Rechte und Interessen von Frauen einsetzen und mit ihrem unermüdlichen Einsatz in der fortlaufenden Frauengeschichte Spuren hinterlassen.
Damit ist es mir ein Anliegen, die Gesichter von heute lebenden langjährigen Aktivistinnen festzuhalten und so für die Erinnerung sichtbar zu machen und sie dabei selbst zu Wort kommen zu lassen.
Ich bin Tina und seit fast 30 Jahren aktiv in der Pankower Kommunalpolitik tätig.
Dass Gleichstellungspolitik mal mein Schwerpunkt sein wird, war anfangs nicht abzusehen. Aber ich habe sehr schnell gelernt, dass uns Chancengleichheit und Geschlechtergerechtigkeit in dieser Gesellschaft noch sehr lange beschäftigen werden. So wurde ich gleichstellungspolitische Sprecherin der PDS- und späteren Linksfraktion Pankow – und bin es bis heute.
In dieser Wahlperiode leite ich auch wieder den BVV-Ausschuss für Gleichstellung, Gender Mainstreaming, Bürgerbeteiligung.
Mein persönlicher Anspruch ist:
Gleichstellungspolitik muss ein tatsächliches Querschnittsthema in unserer Gesellschaft werden;
Die oftmals geforderte und teilweise sogar beschlossene Quote ist kein „Allheilmittel“, aber ein wichtiger Baustein auf dem Wege zu Chancengleichheit und Geschlechtergerechtigkeit;
Unerlässlich für eine erfolgreiche Gleichstellungspolitik ist eine starke Vernetzung aller Akteurinnen, der Vereine und Projekte. Deshalb bin ich auch seit 2006 Mitglied des Pankower Frauenbeirates, der sich gemeinsam mit den Pankower Frauenprojekten und dem Verein Unternehmerinnen plus e.V. unter dem Motto „streitbar & vernetzt“ zum Pankower Frauennetz zusammengeschlossen hat.
Als sozialpolitische und seniorenpolitische Sprecherin der Linksfraktion versuche ich auch diese Erfahrungen in mein kommunalpolitisches Engagement im Interesse der Pankower Bürger*innen einzubringen.
Tina Pfaff, 2020
Heike Gerstenberger, 65 Jahre (2020)
Gleichstellungsbeauftragte, Bezirksamt Pankow von Berlin (bis Ende 2020)
In meiner fast 30jährigen Tätigkeit als Gleichstellungsbeauftragte ging es mir ganz allgemein darum, Dominanz- und Machtverhältnisse in den Blick zu nehmen, zu analysieren und Lösungen für eine geschlechtergerechte Gesellschaft zu entwickeln.
Zentral für meine Arbeit sind dabei alle Bereiche, die ein selbstbestimmtes ökonomisch unabhängiges, friedliches Leben ermöglichen ohne Sexismus und Rassismus, mit Chancen der politischen und gesellschaftlichen Teilhabe für Alle.
Deshalb beschränkt sich mein frauenpolitisches Engagement nicht nur auf den Bezirk, sondern auch auf die Landes- und Bundesebene.
Ich verstehe meine feministische Wertvorstellung nicht als starr und abgeschlossen.
Ich bin mir bewusst, dass ich als „weiße Frau“ nicht die Vielfalt der Diskriminierungsformen und ihre Verwobenheit erlebt habe und versuche deshalb im Kontakt und im Gespräch mit Frauen*, die bspw. einen migrantischen oder Fluchthintergrund haben, immer auch Lernende zu sein.
Dabei ist es mir sehr wichtig nicht nur das Unterschiedliche im Blick zu haben, sondern das was alle Frauen* eint und dafür aktiv und laut zu werden in einer Zeit, in der viele frauenpolitische Errungenschaften wieder in Frage gestellt werden.
Heike Gerstenberger
Barbara Hömberg
52 Jahre alt, (2020)
Diplom Politologin und Master of Public Management,
Projektleiterin EWA e.V.-Frauenzentrum
In meinem Politologie-Studium beschäftigte ich mich intensiv mit den Themen Frauengeschichte und Frauen-/Gleichstellungspolitik sowie innerdeutsche Beziehungen. So war die Möglichkeit ein Praktikum im 1. Ostberliner Frauenzentrum des EWA e.V. zu machen einfach perfekt. Hier konnte ich mein theoretisches Wissen in der Praxis testen und der Austausch mit den Ostberliner Kolleginnen war eine Bereicherung für beide Seiten. Ich blieb dem EWA anschließend treu und arbeitete im Vorstand des Trägervereins mit.
Nach meinem Diplom fragte mich eine Teamfrau, ob ich mir nicht vorstellen kann die vakante Stelle der Projektleiterin zu übernehmen. Was für eine Herausforderung für eine Berufsanfängerin! Das war vor 28 Jahren und ich bin immer noch dabei und freue mich, das 30jährige Jubiläum des EWA e.V.-Frauenzentrums* diesen April feiern zu können.
Die Arbeit in einem Frauenzentrum ist flankiert von Gremien- und Netzwerkarbeit, so arbeite ich seit vielen Jahren u.a. im BerlinerFrauenNetzwerk und seiner AG Soziokultur mit und bin als Vertreterin der Pankower Frauenprojekte Mitglied im Frauenbeirat Pankow.
Die feministische Arbeit bestimmt mein Leben und in Zeiten wie diesen, ist sie für mich wichtiger denn je.
Barbara Hömberg
Ines Petra Scheibe
Ich bin Ines und arbeite seit 1992 als Psychologin in der humanistischen Beratungsstelle für Schwangerschaften in Prenzlauer Berg. Aus dieser Arbeit kenne ich sowohl die Freuden als auch Fragen und Probleme von Menschen, wenn es um die Themen Sexualität, Schwangerschaft und Familienleben geht. Wir unterstützen Frauen und Paare dabei, die für sie richtige Entscheidung zu treffen und gewähren bei Bedarf die nötigen Hilfen.
Es war immer mein Interesse, meine berufliche Arbeit mit ehrenamtlicher frauenpolitischer Arbeit zu verbinden. Seit den 90-iger Jahren engagiere ich mich deshalb ehrenamtlich im Frauenbeirat des Bezirks für Fraueninteressen und Gleichstellung und seit 2012 im Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung.
Wir setzten uns u.a. dafür ein, den Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafgesetzbuches gesetzlich zu regeln.
Astrid Landereo
Geboren und aufgewachsen bin ich in der idyllischen Theaterstadt Meiningen, zwischen Rhön und Thüringer Wald.
Die Sommerferien verbrachte ich mit meinen Geschwistern bei den Großeltern in einem winzigen Dorf. Genau dort, irgendwann in den Sechziger Jahren, erwachte in mir kindlicher Zorn, wie mein Opa mit meiner geliebten Omi umging. Sie versorgte das Vieh, kaufte im Dorfkonsum ein, kochte köstlich, erledigte Feld- und Gartenarbeit und wusch mit einem Waschbrett unsere schmutzige Wäsche. Abends am Bett erzählte sie uns wunderschöne selbsterdachte Geschichten, dabei steckte sie uns Kindern meist ein Stück Westschokolade zu.
Mein Opa las Zeitung, wartete auf die nächste Mahlzeit, polderte und fluchte auf Ulbricht, die LPG und meine Omi.
Als ich etwa 8 Jahre alt war und die Ferien zu Ende gingen, umarmte mich meine Omi zärtlich und verabschiedete mich mit den Worten: Mädelchen, lern fleißig, wenn du groß bist kannst du dann studieren. Geh nach Berlin, aber heirate bitte nicht. Versprich mir das!
Mein Papa war das gefühlte Gegenteil meines Opas. Fürsorglich, liebevoll, zugewandt und voller Vertrauen. „Mach was aus Dir, Mädchen, Du kannst alles werden, auch Kosmonautin“.
Vielleicht liegen die Wurzeln meiner wichtigsten Lebensentscheidungen auch in dieser fernen Zeit. Ein besonderes Gefühl für Ungerechtigkeit und das Selbstvertrauen, das Leben meistern und etwas bewirken zu können.
Ich war eine glühende Sozialistin in den 70iger Jahren, schwärmte von Rosa Luxemburg, Clara Zetkin und Alexandra Kollontai, kämpfte mit Postkarten und Unterschriftenlisten für die Freiheit der US- amerikanischen Bürgerrechtlerin und Feministin Angela Davis. In der 11. Klasse riefen mir die Jungs auf dem Schulhof: „Aliceeee, Aliceeee“ hinterher. Als ich sie zur Rede stellte, meinten sie, ich sei die Alice Schwarzer von Meiningen. Ich wusste damals nicht wer sie ist, und es kostete Mühe, das in der DDR herauszufinden. Als es gelang, war ich stolz auf diesen Vergleich. Heute wäre das gewiss anders.
Jetzt mit 66 Jahren fängt ja angeblich das Leben an, jedoch blicke ich auch oft und gerne zurück.
Ich bin glücklich bei der Wahl all meiner Berufstätigkeiten, immer darauf geschaut zu haben, ob sie mit mir als Person, mit meinen Fähigkeiten und Bedürfnissen zu tun haben. Das war bei Jugendradio DT64 und in all den Jahren im Frauenzentrum Paula Panke so. Auch wenn ich dabei nicht besonders auf Gehaltsklassen geachtet habe, bin ich stolz, dass ich mich und meinen Sohn immer selbstständig versorgen konnte. Ein gutes Leben ohne viel „Schnick Schnack“, das wollte ich immer.
Meine Enkeltöchter scheinen heute in den Spuren der verrückten Omi fröhlich und sehr selbstbewusst zu wandeln.
Gracias a la vida! „Ich danke dem Leben“, heißt es in meinem Lieblingslied der chilenischen Sängerin Violetta Para.
Astrid Landero
August 2020, Berlin
María del Carmen Orbegoso Alvarez. Lima, Peru
Mutter, Lehrerin und Projektmanagerin
Ich bin Marita und bin Ende 2005 zu einem Masterstudium nach Berlin gekommen. Die früheren Momente, als ich in diese Stadt besuchte, haben mich mit Pankow und insbesondere mit Prenzlauer Berg verbunden.
Meine Berufserfahrung war schon immer eine Herausforderung, eine Brücke zwischen Zivilgesellschaft und Staat zu bauen. Trotz der vielen Unterschiede musste ich verschiedene Schwierigkeiten überwinden. Nach 10 Jahren intensiver Arbeit in community organising und in der Ausbildung im Bereich Menschenrechte in den Weiten meines Landes kehrte ich in die Hauptstadt zurück und trat eine staatliche Stelle an. Meine Erfahrung mit den Communities war entscheidend, um Entscheidungen zu treffen und als staatlicher Akteur zu denken, ohne das tägliche Leben der Gemeinden in der Andenzone und an der Küste zu vergessen.
In Deutschland gab der Abschluss meines Masterstudiums in Public Policy in Berlin meiner Arbeit eine zusätzliche Nuance, da ich den Feminismus im Plural thematisieren musste, insbesondere solche mit neuen Ansätzen wie Migration, Ökologie – Ökofeminismus – und dekolonialen Perspektiven.
Mit der Geburt meiner Tochter hatte ich das Bedürfnis, weiterhin Gemeinschaft zu schaffen, und ich begann 2009 daran zu arbeiten.
Meine Lieblingsthemen sind: Mehrsprachigkeit, Vielfalt und Geschlechterperspektive. Seit 6 Jahren leite ich das Projekt Migra Up, heute eine good practice der interkulturellen Öffnung des Pankower Bezirks. Das Projekt zielt darauf ab, die Migrantenorganisationen (MSOs) des Bezirks – durch Fachvernetzung, politische Lobbyarbeit sowie die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Akteuren- zu stärken, um unsere Interessen auf die politische Agenda zu heben. Dieses Projekt ist ein Hybrid und existiert nur in Pankow. Es ist wichtig zu erwähnen, dass die Grundlage für den Erfolg unserer Arbeit – neben den Kompetenzen meines Teams – die Solidarität und kooperative Haltung der koexistierenden Menschen und Institutionen und dem nicht weniger wichtigen Zufall des weiblichen Profils der Pankow MSOs ist. Diejenigen von uns, die dieses Abenteuer unternommen haben, sind Frauen und ich fühle mich als ein Teil von ihnen. Daher ist es wichtig, unsere Stimme in bestehenden Frauenforen einzubeziehen und / oder Räume für die Partizipation zu öffnen. Pankow hat eines Frauengesicht und es ist eine unvermeidliche Tatsache, über Richtlinien nachzudenken und zu handeln, die ihnen keinen Protagonismus verleihen.
Derzeit bin Ich Mitglied des Integrationsrates Pankow in der VIII. Wahlperiode 2018-2021.
María del Carmen Orbegoso Alvarez, 2020